Gleichstellungsgesetz

Seit dem 1.Juli 1996 ist das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann in Kraft (Gleichstellungsgesetz). Es stützt sich auf Art. 8 der Bundesverfassung, welcher lautet:

"Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit."

Umfang

Das Gleichstellungsgesetz setzt ein allgemeines Diskriminierungsverbot mit dem Kriterium der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts fest. Der ganze Bereich des Erwerbslebens wird erfasst. Begrenzt wird es auf unselbständige Arbeitsverhältnisse sowohl privatrechtlicher wie öffentlich-rechtlicher Natur bei einer beliebigen Arbeitgeberschaft in der Schweiz. Die beklagte Partei bei Forderungen aus dem Gleichstellungsgesetzes ist immer der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin, bei sexueller Belästigung also nicht die belästigende Person. Es braucht kein Verschulden der Arbeitgeberschaft, ausgenommen bei Forderungen auf Schadenersatz und/oder Genugtuung.

Arten der Diskriminierung

Es gibt zwei Arten der Diskriminierung, wobei eine direkt und die andere indirekt stattfindet.

Direkt diskriminierend ist eine Massnahme, die sich ausdrücklich auf die Geschlechtszugehörigkeit oder auf ein Merkmal bezieht, das nur von den Angehörigen eines Geschlechts erfüllt wird, z.B. die Schwangerschaft.

Eine indirekte Diskriminierung liegt vor bei einer an sich geschlechtsneutralen Massnahme, die aber benachteiligende Auswirkungen nur auf ein Geschlecht hat. Als Veranschaulichung dienen die Entscheide von klagenden Kindergärtnerinnen, welche im Vergleich zu Primarlehrern weniger Lohn erhielten. Hier handelt sich um typische «Frauenberufe», die schlechter entlöhnt wurden.

Keine Diskriminierung im Sinnes des Gleichstellungsgesetzt kann dann vorliegen, wenn objektive Gründe für die Ungleichbehandlung vorhanden sind. Bei der Frage der Lohngleichheit dürfen z.B. nebst der konkreten Arbeit gemäss Stellenbeschrieb Kriterien wie Ausbildung, Berufserfahrung, Verantwortung berücksichtigt werden solange sich diese dann auch auf die konkrete Arbeit auswirken.

Ansprüche

Es können im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes verschiedene Ansprüche geltend gemacht werden, nämlich

  • Feststellung einer Diskriminierung,
  • Verbot von sexueller Belästigung,
  • Unterlassen von sexistischen Bemerkungen und die
  • Beseitigung von z.B pornographischer Bilder in der Kantine.

Als sexuelle Belästigung gelten alle unerwünschten Verhaltensweisen oder Äusserungen, mit welchen eine Person in ihrer sexuellen Integrität nicht respektiert wird.

Zudem gibt es Ansprüche finanzieller Art:

  • Lohndiskriminierung: Lohnnachzahlung (rückwirkend 5 Jahre)
  • diskriminierende Nichtanstellung: Maximal 3 Monatslöhne (Gesamtsumme, die auf alle Beteiligten aufgeteilt wird)
  • diskriminierende Kündigung: Maximal 6 Monatslöhne
  • Rachekündigung: provisorische Wiedereinstellung
  • Genugtuung und Schadenersatz bei Verschulden
  • sexuelle Belästigung: Maximal 6 Monatslöhne berechnet durch den schweizerischer Durchschnittslohn

Spezialitäten

Das Gleichstellungsgesetz hat einige Spezialitäten aufzuweisen, welche im übrigen Arbeitsrecht in der Regel keine Anwendung finden:

Beweislasterleichterung

Eine Diskriminierung muss nicht strikt bewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht werden (z.B. Lohn). Wenn aufgrund objektiver Kriterien eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den geltend gemachten Sachverhalt spricht, wird eine Diskriminierung als glaubhaft angesehen. In diesem Fall hat die Arbeitgeberschaft den Gegenbeweis zu erbringen, dass eben gerade keine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung vorliegt. Die Beweislasterleichterung findet keine Anwendung bei sexueller Belästigung und diskriminierender Nichtanstellung.

Verbandsklage

Wenn sich der Ausgang eines Verfahrens voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirkt, kann der Verband in eigenem Namen gegen die Arbeitgeberschaft vorgehen. Der Verband kann jedoch einzig die Feststellung einer Diskriminierung verlangen.

Verfahren

Die Klage richtet sich immer gegen die Arbeitgeberschaft, welche auch ohne ihr Verschulden in die Pflicht genommen wird. Ausgenommen sind Forderungen auf Schadenersatz und/oder Genugtuung (sexuelle Belästigung). Das Schlichtungsverfahren und das Gerichtsverfahren sind kostenlos.

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